Mr. Kuu und Seattle Nightlife – Kapitel 3

Das ist Mr. Kuu. Mr. Kuu ist gemeingefährlich. Wie jeder Asiate, ist auch Mr. Kuu in der Lage, eine Kampfsportart perfekt auszuüben. Durch jahrelanges Training hat Mr. Kuu seine Techniken verfeinert und wendet sie nun auf den Straßen von Seattle an, um ahnungslose Menschen in seiner Umgebung hinterrücks zu attackieren. Ich muss euch alle warnen. Zunächst freundet sich Mr. Kuu mit euch an und trägt euch dann immer tiefer in sein soziales Geflecht. Dabei ist sein perfides Ziel vorbestimmt, bei seinen Opfern unterscheidet er nicht zwischen Mann, Frau oder Kind. Mr. Kuu beherrscht Kung Kuu und aktiviert seine Fähigkeiten mit der Einnahme von unreinem Gerstensaft. Ich zitiere hierbei aus einem Opferbericht von Rachel A., veröffentlicht in der Seattle Times:

„Am ersten Abend war alles ganz normal. Ich traf ihn einen Abend in einer Bar in Belltown, Seattle. Es war eine lauwarme Sommernacht, die kühle Nachtbrise von der westlichen Pazifikküste entfaltete sich langsam in der Innenstadt. Mr. Kuu war sehr freundlich und zuvorkommend und bot mir seine Jacke an, damit ich nicht frieren musste. Er trank den ganzen Abend nur Saft und Wasser. Auf dem Heimweg erzählte er mir von seinen Erlebnissen in Südkorea und wie akribisch und sorgfältig er koreanische Grillfeste für seine Freunde und Familie vorbereitete. Er erzählte mir von seinem Vater, der einst den Plan hatte, zum 20 jährigen Jubiläum des Mauerfalls nach Berlin zu reisen und Politiker aus dem Osten Deutschlands zu interviewen, um diese Interviews  im Anschluss an seine Reise gewinnbringend an koreanische Fernsehsender zu verkaufen. Dabei war er so überzeugend, dass er Geldgeber zur Finanzierung der Reise in seinem Umfeld fand, die sogar so viel gaben, dass Mr. Kuu selbst mit nach Deutschland reisen konnte. Mr. Kuu hielt diese Idee für eine schlechte, begleitete seinen Vater aber unter der Voraussetzung, dass er einen Tag eine alte Freundin in Rom besuchen konnte. Der Vater willigte ein. Der siebte Tag der Reise sollte der vorletzte sein. Nach dem bereits Interviews in Frankfurt (Oder) und anderen Städten geführt wurden, die laut Mr. Kuu jedoch nicht die gewünschte Qualität erreichten, fragte er seinen Vater in München, ob er am achten Tag der Reise seine Freundin in Rom besuchen kann und bat ihn, ihm seinen Reisepass auszuhändigen. Dieser verwehrte ihm das und nach einem kurzen Streit, bei welchem Mr. Kuu die Aushändigung verlangte, begann der Vater ihn auf offener Straße zu schlagen. Die Passanten in der bayrischen Landeshauptstadt formten daraufhin einen Kreis um die Beiden herum und filmten den Vorgang mit den Kameras in ihren Mobiltelefonen. Es muss schlimm gewesen sein für Mr. Kuu. Als er mir die Geschichte erzählte, war er den Tränen nahe und suchte engeren Körperkontakt zu mir. Er brachte mich nach Hause und wir verabredeten uns für das nächste Wochenende.
Diesmal trafen wir uns in Capitol Hill, Seattle in einer Bar. Mr. Kuu bestellte zunächst wieder Wasser. Als ich ihn fragte, ob er mit mir ein Bier trinken möchte, sagte er nur, dass er das lieber nicht tun sollte. Nach kurzer Zeit konnte ich ihn überreden und wir bestellten ein Bier nach dem anderen. Die Bar um uns herum füllte sich mit Leuten und Leben und wir wurden immer ausgelassener und verstanden uns super. Sehr interessant fand ich, wie  er auch die anderen Leute in der Bar mit seiner freundlichen, offene Art positiv animierte und schnell das Gespräch fand und mit ihnen zusammen auf das Leben anstieß. Ich bemerkte von Zeit zu Zeit ein nervöses Zucken in seiner Wange, doch dachte mir zunächst nichts dabei. Als ich nach einer kurzen Pause vom Bad der Bar zu unserem Tisch zurückkehrte, erhob Mr. Kuu seine Hand und äußerte damit den Wunsch, mit mir ein High Five durchzuführen. Danach geriet die Situation außer Kontrolle. Er küsste jeden Menschen in der Bar auf die Wange, ungeachtet des Geschlechtes. Mich eingeschlossen. Daneben verlange er immer wieder nacheinander High Fives, es war schrecklich. Ich konnte mich irgendwann lösen und ging mit einer Wunde auf der Wange und Schmerzen in der Hand nach Hause…“

Auch ich selbst wurde schon Opfer des Kung Kuu’s und überlebte nur knapp. Die Technik  Mr. Kuus ist so ausgefeilt, dass ich mich seinen High Fives und Küssen auf die Wange trotz abwehrender Haltung nicht entziehen konnte. Mr. Kuu ist immer noch auf freiem Fuß und wird hoffentlich bald geschnappt.

Neu in meinem Apartment sind die Bewohner Sven H. (seines Zeichens Familienmitglied dritten Grades) und Pascal D., die aktuell auf zweiwoechiger Durchreise mein Leben verkomplizieren, aber selbstverstaendlich auch bereichern. Sven spricht fließend Taliban-Englisch und immer mal wieder fuer eine Stilbluete gut. Trotzdem natuerlich ein dufte Typ. Pascal ist in dieser Disziplin etwas eloquenter und schafft es bei McDonalds dadurch, zu seinem Burger auch noch extra Pommes Frites dazuzubestellen. Mehr muesst ihr ueber die beiden eigentlich nicht wissen.


Wie es sich fuer einen Fremdenfuehrer wie mich auch gehoert, habe ich natuerlich gleich gleich mal eine Limousinenfahrt durch Seattle und Umgebung zur Bierstunde fuer die Jungs organisiert. Mit dabei natuerlich einige amerikanische Schoenheiten, um die Stimmung im Gefaehrt etwas aufzulockern und auch Hirschi. Los ging’s im Norden Seattles, wo wir die Tour zu zehnt begannen und uns Richtung Kerry Park aufmachten, welcher keinen Park im klassischen Sinne darstellt, sondern eher eine Aussichtsplattform mit bester Postkartenperspektive und Blick auf Seattle.

Weiter ging“s nach Downtown Bellvue. Bellvue liegt oestlich des Lake Wahsingtons und scheint eher von der oberen Mittelklasse bevoelkert zu sein, findet man auf den Strassen doch huebsch anzusehende Ladies und perfekt durchgestylte Restaurants und Bars. Ein kleiner Zwischenstopp in einer dieser sollte sich als zu uninteressant herausstellen, da die Uhrzeit noch nicht weit genug fortgeschritten schien.

War die Stimmung anfangs etwas verhalten, so wurde diese auf dem Weg zum Alki Beach durchaus ausgelassener. So konnte sich die ehemals zurueckhaltene Begleitung der huebschen Dame in rot (siehe Bild) endlich dazu durchringen, den ‚Rockstar‘ (links) rauszulassen und die Meute weiter anzufeuern.

Mit prägnanten Schlachtrufen peitschte er den Fahrer und uns Insassen an, der Siedepunkt schien fast erreicht. Immer wieder lockerte er mit seinen Urschreien die Stimmung auf und sogar Sven (rechts), der sichtlich an seinem Zuckerschock verursacht durch 100% reine Sprite leidet, konnte in diesem Moment ein wenig Spaß für die Sache empfinden. Der Alki Beach bietet ein riesen Panorama  auf die gesamte Skyline Seattles von Westen aus und bringt besonders in der Dunkelheit die Stadt und Augen zum funkeln. Am Tage lassen sich hier wunderbar sportliche Aktivitäten (Volleyball, Inline Skaten, Kayak fahren, Spannern) mit ruhigerem schwimmen und Faulenzen verbinden. Der Blick auf die Olympic Mountains am Tage und der auf das Profil Seattles in der Nacht, bieten hier fuer jede Tageszeit einen passenden Anlass fuer einen Besuch.

Den Schlusspunkt der dreistuendigen Fahrt stellte abermals Belltown, Seattle dar, wo es zunaechst ins Amber ging. Der Rockstar konnte nun endlich in die freie Wildbahn entlassen werden und der Rest des Abends ist Geschichte. Wir haben ihn nie wieder gesehen.

Und diesmal gibts es sogar eine Zugabe, weil ich euch so lieb habe. Der ultimative Partyguide Seattles aus meiner Feder soll euch eine Orientierung fuer das Nachtleben in Seattle geben. Ich stelle hierbei nach und nach Clubs vor, die ich bereits besucht habe und bewerte diese aus der Sicht zweier rein fiktiver Personen.

Jack: Jungfrau, 40, maennlich sucht… spass. Maennlich, ledig, mitte 20, hetero.
Amanda: Weiblich, nah-verheiratet, treu, mitte 20, hetero, europäisch (aber amerikanischer Name, komisch, oder?).

Den Anfang macht die Ikone Capitol Hills, der Havana Club.

Jack: Jack fuehlt sich im Havana wohl und kann hier fast zu jeder Wochenzeit seinen Spass finden. Getraenke bewegen sich preislich im normalen Bereich. Die relativ kleine Größe des Clubs zwingt ihn zum engen tanzen mit seinen Artgenossen, dabei kann er auch immer mal wieder in Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht geraten. Die Konkurrenz der Herde ist fokussiert, aber nicht zu penetrant. Die Weichen fuer einen angenehmen Abend sind gestellt. Die Musik bewegt sich am Wochenende im Top 40 Bereich, der Highheels- und Kurzrockfaktor wird hier auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 10 (hoch) mit 6 bewertet.

Amanda: Amanda kann hier mit ihren Maedels einen angenehmen Abend verbringen und wird im Laufe des Abends die ein oder andere Tanzeinladung eines interessierten Männchens bekommen, welche sie meistens im Falle des Desinteresses mit einem kurzen Kopfschuetteln ablehnen kann, ohne danach um ihre Gesundheit fuerchten zu muessen. Besonders geeignet ist fuer Amanda der etwas ruhigere Donnerstag, an welchem Soulmusic die Emotionen nicht zu hoch kochen laesst. Den „Fuer-mich-geeignet-Faktor“ bewertet Amanda mit 7. Der Club knipst um 10 vor 2 das Licht an.

… weiter gehts nach Fremont, in den Ballroom

Jack: Unter der Woche kann Jack hier mit seinen Freunden eine ruhige Kugel beim Pool Billiard schieben, oder sich in den bequemen Sitznieschen einige Biere genehmigen. Am Wochenende wird es hier deutlich belebter und interessanter fuer Jack. Der Dancefloor hält Käfig und Poledance Stange bereit, was bei den anwesenden Weibchen (amerikanischer Westkuestenquerschnitt) sofort fuer einen Stimmungsaufschwung sorgt. Die Competition ist soft, die Stimmung bei Top40 Songs bestens. Dazu sorge günstige Getränke und ein Aussenbereich fuer einen unterhaltsamen Abend fuer Jack und seine Freunde an Wochenendtagen. Highheelsfaktor: 7

Amanda: Amanda mag es mit ihren Freundinnen in den bequemen Sitzbereichen des Ballrooms typisches, amerikanisches Fingerfood zu verspeisen und günstige Getränke zu konsumieren. Auf dem Tanzbereich hat sie Spass, die Performances der anderen Mädchen an der Polestange oder im Käfig sorgt bei ihr teilweise fuer leichtes Kopfschuetteln. Die Vielfalt der Location mit schoenem Aussenbereich und die gute Stimmung sind fuer Amanda jedoch Gruende, den Ballroom immer wieder zu besuchen. Wohlfühlfaktor 9.

… wir finden uns nun im Amber wieder, Belltown…

Jack:  Das Amber ist fuer Jack und seine Freunde ein toller Platz, einen Abend zu beginnen. Die großzügige Bar, die vielen Sitzmoeglichkeiten, gute Musik und der kleine Tanzbereich entfalten sich zu einem schönen Ambiente. Das Amber stellt keinen Danceclub im klassischen Sinne dar, sondern ist eher im Bereich der Tanzbars anzusiedeln. Voll wirds gegen 22.30Uhr, Jack findet sich hier in guter, erwachsener Gesellschaft wieder und wird ob der vollen Gänge Probleme haben, schnell von A nach B zu kommen. Als Abendfuellende Location eignet sich das Amber nicht vollends, Jack sollte gegen 24Uhr mit seinen Freunden weiterziehen. Highheelsfaktor: 7

Amanda: Amanda findet sich hier in ihrem Element wieder, trinkt den ganzen Abend frische Cocktails und geniesst die netten Leute der Tanzbar. Ab und zu rennt sie kreischend auf die Tanzflaeche, wenn eines ihrer Lieblingslieder gespielt wird. Amanda wird hier mit ihren Freunden einen nicht zu wilden, aber dennoch sehr schoenen Abend verbringen und dabei viele Gespraeche mit unterschiedlichen Leuten fuehren. Dabei faellt ihr immer wieder auf, dass sie endlich mal tanzen kann, ohne ständig einem paarungswilligen Männchen zu begegnen. Wohlfühlfaktor:10

… das Trinity befindet sich am Pioneer Square im Sueden von Downtown Seattle…

Jack: Jack muss sich hier auf ein knallhartes Business einstellen. Der überfüllte Club beherbergt eine Geschlechterquote, auf die die Deutsche Telekom in ihrer Führungskräftediskussion besonders stolz waere: 30% Frauen, 70% Männer. Ellenbogen raus ist hier das Stichwort. Lässt Jack seine Tanzpartnerin eine Milisekunde aus den Augen, wurde sie von Tarzan bereits auf einen weit entfernten Baum entfuehrt. Hier muss man sich gegen viele Hyänen, Tigern und Klapperschlangen durchsetzen. Das viel zitierte Haifischbecken, das Piranha-Aquarium – viele Metaphern eignen sich zur Beschreibung dieses Etablissements. Der Laden ist groß, voll und vielfältig, aber auch gefährlich. Jack muss hier gut aufpassen. Highheelsfaktor: 9

Amanda: Amanda bezahlt Eintritt, will zur Bar, um sich einen Drink zu kaufen und wird auf dem Weg dahin schon zig mal von aggressiven Männchen in der Brunftzeit attackiert und verlässt den Club kurz darauf wieder. Wohlfühlfaktor: 2

… das Ende markiert der Neighbours Club und wir sind zurück in Capitol Hill…

Jack: Jack wird aufgrund der Größe und Aufmachung des Clubs erstaunt sein und sich zunächst nach dem Eintreten in diesen wohl fühlen. Irgendwann fällt ihm auf, dass viele Artgenossen oberkörperfrei tanzen und ab und zu seinen Arm im vorbeigehen streicheln. Es ist nicht unangenehm, aber Jack wird schnell anfangen zu überlegen, ob das der richtige Club fuer ihn ist. Frauen sind jedoch auch in ausreichendem Maße vorhanden. Ein Vorteil ist jedoch, dass dieser auch nach 2Uhr geöffnet hat, auch wenn dann keine alkohlischen Getränke mehr ausgeschenkt werden. Der Masterplan hier ist also: Neighbours vor 2Uhr tendenziell meiden, danach, wenn alle anderen Clubs geschlossen sind, zum abtanzen nutzen. Highheelsfaktor: 4

Amanda: Amanda fuehlt sich hier wohl und kann sich den ganzen Abend – egal mit wem – über Mode und Handtaschen unterhalten. Die Stimmung ist angenehm, jeder versteht Amanda, keiner wird penetrant oder aufdränglich. Das Neighbours ist fuer sie immer wieder für einen netten Abend gut und bietet auch nach 2Uhr noch die Möglichkeit, tanzen zu gehen. Wohlfühlfaktor: 10

Soviel zu meinem kleinen Nightlife-Guide mit einer ausgewählten Anzahl von Läden. Falls ihr dazu aus gegebenem Anlass fragen habt, kommt einfach auf mich zu. Bis zum nächsten Mal,

euer Christoph

Indy – Kapitel 2

Auf einmal wird es still um mich herum. Für einen kurzen Moment verdumpft das  Geräusch der reissenden Fluten und ich halte für einige Sekunden inne. Soeben habe ich eine Kameradin aus dem Wasser vor dem sicheren Abgang gerettet. Wenig Zeit später hänge ich an einem grossen Stein mitten im Skykomish River. Neben mir auf beiden Seiten entsetzte Gesichter von dem, was zu diesem Zeitpunkt noch übrig ist von der Crew, die ursprünglich an den Start zum Wildwasserrafting gegangen ist. Unter mir das Boot, welches in diesem Moment zur Hälfte unter Wasser steht, am Stein hängt und sich nicht bewegen lässt. Eine schier ausweglose Situation. Bleiben oder springen? Aber der Reihe nach.

Team- & Bereichsleiter (an dieser Stelle lieben Gruß an meine) belohnen ihre Crew ja oftmals mit Tagesausflügen zu bestimmten Aktivitäten mit dem Hintergrund, das Miteinander zu schärfen und der Motivation neuen Antrieb zu geben. In der Literatur nennt man diesen Begriff oftmals „Teambuilding-Maßnahme“. Gerne wählt der moderne Chef hierbei eben jene Option aus, bei welcher man nicht nur im metaphorischen Sinne „im gleichen Boot sitzt“, sondern auch rein technisch diesem Ausdruck Folge leistet. So geschehen auch in Goldbar, Washington State, USA. Initiator war hierbei zwar nicht einer der Teamleiter, sondern ein Mitglied der T-Mobile USA Exchange Crew, was dem gewünschten Effekt jedoch nicht im Wege stehen sollte. Gegen Mittag aufgebrochen, machten wir (7 Crewmitglieder) uns auf den Weg nach Goldbar, um eine neue Erfahrung in Sachen Flussbezwingung zu erreichen. Am Camp angekommen, wurden wir sofort in ein Gespräch über Bierkonsum in verschiedenen Ländern verwickelt. Der etwas ältere Herr machte den typischen Eindruck eines Landhaus-Amerikaners. Erst später würden wir erfahren, dass es sich hierbei um unseren Übungsleiter handelt. Sein Name war Hudson, er selbst gehörte zur Marke derer, die wahrscheinlich irgendwann in ihrem Leben schon mal einen Grizzlybären mit einem Zahnstocher erlegt haben. Man könnte also auch meinen, wie Hirschi später richtig anmerkte, dass jener berühmte amerikanische Fluss nach ihm benannt wurde.

Bei der circa 35 minütigen Sicherheitsaufklärung stellte sich bei mir sofort der klassische Flugzeug-Effekt ein. Nicht zuhoeren, was soll schon schief gehen? Okay, Beine hochhalten, falls man über Bord geht und möglichst erst dann atmen, wenn kein Wasser mehr das Gesicht bedeckt. Kaum gestartet, begann Hudson auch schon mit seinen Erzählungen über seine glorreiche Zeit auf den Flüssen der Welt. Man sah bereits in den Adern seines Gesichts, dass er schon etliche Kämpfe im Stile „Mann gegen Natur“ bewältigt haben musste. Angesprochen auf seine Mütze, die den Namen „Indy“ zierte (niemand hat ihn darauf angesprochen, der Freundlichkeit halber wird das in diesem Text nur so dargestellt. Anm. R.), legte er uns abermals abenteuerlich dar, dass er diesen Namen zu seinen besten Zeiten von seinen Crewmitgliedern in Norwegen erhalten habe, da er die Flüsse auf die gleiche Art und Weise bezwang, wie schon Indianer Jones es getan hat. Wie viele Schaetze er dabei schon geborgen hat, hat er uns nicht verraten.

Mit ernster Miene kündigte uns Indy die „härteste und gefährlichste“ Stelle des ganzen Skykomish Rivers an. Er sprach von „Stromschnellen“ und „saugefährlichen Treppenstufen“, die uns „das Leben zur Hölle“ machen könnten. Ausnahmsweise war ich diesmal nicht der blasseste, sondern meine Paddelnachbarin, die im feinsten Gruppenzwang davor bewahrt wurde, auszusteigen. Nicht ganz freiwillig, aber ihr blieb nunmal keine andere Wahl. Davon mal abgesehen, hat allein Indys Gesicht dafür gesorgt, dass sie sich nicht mehr getraut hat, auch nur einen ihrer Gedanken bzw. Zweifel laut auszusprechen. Indy hat uns zwar angeboten auszusteigen, aber das war sicher nicht ganz ernst gemeint. Der Pöbel will nun mal unterhalten werden. Und wer jetzt denkt, dass die große Katastrophenstory aufkommt, der hat sich leider getäuscht. Die härteste Stelle des Flusses wurde unbeschadet bezwungen und der Nimbus der Unbesiegbarkeit machte sich breit, so dass sogar meine Paddelnachbarin Morgenluft witterte und fortan mutiger zu Werke ging.

Vorher noch über den über Bord gehenden Asiaten in einem anderen Boot vor uns gelacht, erwischte es kurze Zeit später auch unseren Hirschi, der nach einem fiesen Stein im Wasser mit anschließender Vollbremsung des Bootes sein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte und auch an der Reihe war, die Flusstemperatur zu testen. Schadenfreue ist die schönste Freude: Michel folgte diesem Credo und hatte nach der Rettung des Zirndorfers einige Schmunzler für ihn parat. Der stolze Franke empfand das als Majestätsbeleidigung und nutzte die nächste Gelegenheit eines abrupten Vollstops mit einem Sprung in bester Superman-manier von der einen Bootseite zur anderen, um Michel  gekonnt aus dem Boot zu kicken, welcher anschließend nicht sofort gerettet werden konnte und erstmal mit den Lachsen zusammen den Fluss herunterschwamm. Also in meinen Augen war das Friendly Fire und deswegen ein Fall für das Militärgericht. Kurze Zeit später erwischte es abermals nach einem Steinkollision Vanessa, die sich nun im Stile eines Aals um die Steine flussabwärts schlengeln musste und auch nicht mehr direkt gerettet werden konnte. Später würde sie erzählen, dass zwei Boote vor ihr für ihre Rettung in Frage kamen und der Führer des ersten Bootes ihr zunächst das Seil zwei Meter zu knapp vor die Hände warf. Ihr seht, wir wurden von richtigen Profis betreut, auf die man sich verlassen konnte. Auch im Ernstfall. Das Gesicht von Vanessa haette ich in diesem speziellen Moment sehr gerne gesehen. Die Crew bereits stark dezimiert, sollte sofort danach die Situation ausser Kontrolle geraten, Carina fällt als vierte aus dem Boot, konnte aber wieder eingefangen werden, nach dem sie sich schon in deutlich gefährlicherer Position unterhalb des Bootes befand. Ein weiterer Aufprall und schon hingen wir in der aus der Einleitung bekannten Situation fest.

Nicht, dass mir der Stein, an dem ich hing, nicht gefallen hat. Aber in der Situation denkt, wie ich später auch von den anderen erfahren durfte, man wirklich daran, selbst einfach in den Fluss zu springen. Das würde man natürlich nicht tun, da man dadurch einfach Feige das Schiff verlassen und die Crew zurücklassen würde. Aber zumindest erscheint einem das als Option, um seine Freiheit wiederzugewinnen. Selbst in Hudsons Gesicht machte sich Verzweiflung breit und die ersten Versuche, der Physik den Schneid abzukaufen, scheiterten. (jetzt bitte folgenden Link aufrufen und Lautstärke aufdrehen http://www.youtube.com/watch?v=Vg7C9qwLoqE) Doch in diesem Moment setzte Hudson seine gelbe Schirmmütze wieder auf, der Name „Indy“ leuchtete uns an und versprach Hoffnung. Mit gekonnter Gewichtsverlagerung schafften wir es, das Boot wieder manövrierfähig zu bekommen und fuhren unbeschadet den Fluss herunter und sammelten die anderen ein.

Neben der Nahtod-Erfahrung haben wir auch noch eine Einladung von Indy Anfang Oktober zum International Foodfest auf seinem Hof, zu welchem er nur die „Dreamteams“ seiner Fahrten einlädt, erhalten. Mit großer Vorfreude blicken wir diesem Event entgegen und fragen uns, ob diesmal alles glatt oder wieder etwas aus dem Ruder laufen wird. Es bleibt spannend.

Mehr als 1000 Wörter sind für diesen Eintrag genug. Da die meisten meiner Freunde gar nicht lesen können, ist das hier wohl wie Perlen vor die Säue. Nichtsdestotrotz, die anderen versprochenen Themen folgen im nächsten Blogeintrag.

Euer Flutenbezwinger